Bei unklarer Testamentsbestimmung erfolgt keine Erbeinsetzung – Urteil des Oberlandesgericht Hamm (Az.: 15 W 142/15):

Testamentsangelegenheiten und Erbschaften sind sehr oft ein Auslöser für Streitigkeiten. Ganze Familien sind an diesem Thema bereits zerbrochen. Besonders heikel wird es, wenn rechtlich unklare Standardformulierungen in einem Testament eingesetzt werden – zum Beispiel bei einem gemeinschaftlichen Testament eines Ehepaares.

Genau das passierte im nachfolgend beschriebenen Fall, mit dem sich das OLG Hamm auseinanderzusetzen hatte. Hier der genaue Sachverhalt, welcher der Gerichtsverhandlung zugrunde lag:

Zum Sachverhalt:

Eine Erblasserin, die im August 2014 verstorben war, hatte bereits im Jahr 1987 gemeinsam mit ihrem Ehegatten ein sogenanntes gemeinschaftliches Ehegattentestament verfasst. In diesem Testament hatten sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben des Erstversterbenden eingesetzt. Bezüglich des Todes des Letztversterbenden verankerten sie im Testament die Formulierung: „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“

Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, Erstversterbender war der Ehemann. Im Jahr 2013 verfasste die hinterbliebene Ehefrau schließlich ein weiteres Testament, in dem sie eine Testamentsvollstreckung nach Maßgabe einer vom Amtsgericht Essen (welches als Nachlassgericht fungierte) zu ernennenden Person vorsah. Im Jahr 2014 verstarb die Frau dann im Alter von 93 Jahren. Das Nachlassgericht ernannte in der Folge einen Rechtsanwalt aus Essen zum Testamentsvollstrecker.

Eine der Töchter des verstorbenen Ehepaares sah sich mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden. Ihrer Meinung nach beeinträchtige die Testamentsvollstreckung ihre rechtliche Stellung als Schlusserbin, die in dem gemeinschaftlichen Testament ihrer Eltern mit bindender Wirkung verfügt worden sei. In diesem Zusammenhang könne das durch beide Elternteile gemeinsam verfasste Testament durch ein weiteres Testament des überlebenden Ehegatten nicht mehr wirksam eingeschränkt werden.

Da sich die Tochter nicht mit dem Anwalt einigen konnte, ging der Fall schließlich vor Gericht. Er wurde vor dem OLG Hamm verhandelt. Hier folgten die Richter allerdings nicht den Ausführungen der Tochter. Sie stellten fest, dass eine Feststellbarkeit einer testamentarischen Schlusserbeneinsetzung nicht möglich sei, wenn eine ausdrückliche Bestimmung der Töchter zu Schlusserben fehle. Das OLG konnte eine solche Bestimmung weder dem Ausgangstestament entnehmen, welches von beide Ehegatten angefertigt wurde, noch dem später durch die Ehefrau allein verfasstem Testament.

Im weiteren Verlauf gingen die Richter explizit auf die Formulierung „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten“ ein. Eine solche sei nach ihrem Wortsinn unklar, da sie unterschiedlich verstanden werden könne. Einerseits könne damit die Einsetzung der gesetzlichen Erben als Schlusserben gemeint sein, andererseits aber auch nur eine Anerkennung des gesetzlichen Erbrechts, bzw. eine Abstandnahme von der Einsetzung eines testamentarischen Erben. Gehe man vom letztgenannten Fall aus, so enthalte das Ehegattentestament keine verbindliche Erbeneinsetzung nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten. Damit könne der Überlebende eine anderweitige testamentarische Bestimmung treffen. Im hier vorliegenden Fall lasse sich die unklare Auslegung des Testaments auch nicht durch weitere, bei der Auslegung der Testamentsurkunde zu berücksichtigende Umstände beseitigen. Das Gericht konnte daher eine testamentarische Schlusserbeneinsetzung nicht feststellen.

Fazit:

Hier zeigt sich wieder einmal, wie wichtig es ist, ein Testament in möglichst klarer Form zu verfassen. Selbst kleine Fehler und nicht durchdacht formulierte Sätze bzw. Teilsätze können dazu führen, dass der Wunsch des Testamentsverfasser bzw. der gemeinsamen Verfasser letztendlich nicht zur Realität wird und sich die Erben um die Auslegung des Dokuments vor Gericht streiten. Wer möchte das schon? Es empfiehlt sich daher, unbedingt zum Verfassen eines Testaments einen Anwalt bzw. Notar hinzuzuziehen. Nur dieser kennt sich perfekt mit den notwendigen Formulierungen aus.


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