Ist ein geschriebenes Testament nicht lesbar, so ist es als ungültig anzusehen – Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Az.: 3 Wx 19/15)
Ein Testament ist ein ganz besonderes Schriftstück. Es dokumentiert den letzten Willen des Verfassers und wird in der Regel erst dann wirksam, wenn der Verfasser bereits verstorben ist. Für die Hinterbliebenen ist die Testamentseröffnung mit vielen Emotionen und manchmal auch mit handfesten Überraschungen verbunden. Längst nicht jeder hat am Ende tatsächlich das bekommen, was ihm vom Verstorbenen angekündigt wurde, bzw. was er sich vom betreffenden Testament versprochen hatte.
Und manchmal kommt es ganz dicke – das Testament des Verstorbenen wird für ungültig erklärt. Doch wie kann das sein?
Ganz einfach: Es reicht bereits aus, wenn das Testament von einem Notar oder Richter als nicht lesbar eingestuft wird. Genau dieses Problem kam in nachfolgend beschriebenen Fall zum Tragen, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht verhandelt wurde. Es ging um folgenden Sachverhalt:
Zum Sachverhalt:
Die Verfasserin eines Testaments verstarb im Jahr 2012, ihr Ehemann war bereits im Vorjahr verstorben. Zu Lebzeiten hatte das Ehepaar ein gemeinsames Testament verfasst, in dem sie allerdings nur die Formalien der Beerdigung regelten, nicht die Erbfolge. Somit wurde nach dem Tod die Tochter der Verstorbenen als Alleinerbin aufgrund der gesetzlichen Erbfolge eingesetzt. Dies wollte eine weitere Beteiligte verhindern. Hierbei handelte es sich um eine Pflegekraft, die sich in den Jahren vor dem Tod der Erblasserin um diese gekümmert hatte. Sie reichte beim zuständigen Nachlassgericht ein Schriftstück ein, das die Verstorbene angeblich zwei Monate vor ihrem Tod handschriftlich als Testament verfasst habe. In diesem Schriftstück war angegeben, dass die Verstorbene ihr gesamtes Erbe nicht der Tochter, sondern der Pflegekraft vermache.
Das Nachlassgericht beurteilte das eingereichte Schreiben allerdings nicht als gültiges Testament und weigerte sich daher, das Erbe der Pflegekraft zuzusprechen. Diese legte wiederum gegen die Erteilung des Erbscheins an die Tochter der Verstorbenen Beschwerde ein. Der Fall wurde anschließend vor dem zuständigen Oberlandesgericht verhandelt.
Die Richter am Schleswig-Holsteinischen OLG stellten fest, dass das durch die Klägerin eingereichte Schriftstück grundsätzlich nicht den Anforderungen an die Form eines wirksamen Testaments entspreche. Dazu trage insbesondere bei, dass das Gericht trotz langjähriger Erfahrung mit Testamenten in diesem Fall nicht dazu in der Lage gewesen sei, den eindeutigen Inhalt des Schriftstücks zu entziffern. Um das Schriftstück als Testament anerkennen zu können, müsse jedoch vorausgesetzt werden, dass der erklärte Wille der Verstorbenen unmissverständlich und in vollem Umfang aus der Niederschrift hervorgehe. Dies sei in diesem Fall nicht gegeben.
So habe die Erblasserin beispielsweise im Dokument Namen lediglich mit einem Buchstaben abgekürzt und nicht ausgeschrieben. Auch das Datum und ihre Unterschrift seien nicht zweifelsfrei les- und deutbar. Lediglich Fragmente von Sätzen bzw. Wörtern seien zu erkennen, viele Wörter wären jedoch nicht zweifelsfrei lesbar. Auch ein durch das Gericht herangezogener Schriftsachverständiger konnte die mit dem Schriftstück verbundenen Unklarheiten gegenüber dem Gericht nicht beseitigen.
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass eine eventuelle Testierunfähigkeit aufgrund einer Demenzerkrankung, einer Leseunfähigkeit etc. hinsichtlich des Testaments in diesem Fall nicht von Belang sei, da aufgrund der Unleserlichkeit bereits die Bedingungen an ein formgültiges Testament insoweit verletzt seien, dass dieses als ungültig angesehen werden müsse. Daher habe das Gericht nicht weiter zu untersuchen, ob die Erblasserin überhaupt zur Formulierung eines Testaments rechtlich gesehen in der Lage gewesen wäre.
Auch die Richter am OLG hielten also schlussendlich daran fest, in diesem Fall die gesetzliche Erbfolge einzusetzen und somit das Erbe in vollem Umfang der Tochter der Verstorbenen zuzusprechen. Die Pflegekraft geht leer aus, auch wenn die Verstorbene es vielleicht anders gewollt hätte.